Die Geschichte des Strandhotel Löchnerhaus

Über die enge Verbundenheit zur Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

Das Strandhotel Löchnerhaus

Als ehemalige Selbsthilfeeinrichtung der württembergischen Lehrerschaft ist das Strandhotel Löchnerhaus eng verbunden mit dem Württembergischen Lehrerverein e.V. (WLV e.V.), der sich 1948 als Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) anschloss. Ausschließlicher Zweck des Vereins ist es, seine Selbsthilfe-, Wohlfahrts- und Erholungseinrichtungen zu erhalten und auszubauen. Alle Mitglieder der GEW im Organisationsbereich Nord- und Südwürttemberg sind automatisch Mitglieder des WLV e.V., die Vertreterversammlung (VV) des WLV e.V. findet jeweils vor der Landesdelegiertenversammlung der GEW Baden-Württemberg und den Bezirksversammlungen der GEW-Bezirke Nord- und Südwürttemberg statt. Die Satzung des WLV kann hier (SatzungWLV.pdf) eingesehen und heruntergeladen werden.

Ansicht des Löchnerhauses 1926

Über die Anfänge des Löchnerhauses findet sich im Archiv der Gemeinde Reichenau folgender Eintrag:

«Am 07.07. 1908 erhält Frau Anna Marignoni aus Konstanz den Baubescheid zum Neubau eines Hotel-Restaurants auf der Insel Reichenau. Das Haus wird Kur-Hotel bezw. Kurhaus „Reichenau“ benannt. Bis in die zwanziger Jahre war das Hotel in Betrieb, ehe es geschlossen und zum Verkauf angeboten wurde. Im Februar 1925 erwirbt der Württembergische Lehrerverein e.V. das Anwesen und baut den West- und Ostflügel an den bestehenden Teil an. Das Hotel wird in Strandhotel „Löchnerhaus“ umbenannt. Auch heute noch befindet es sich noch im Besitz des Württembergischen Lehrervereins.» (K.W.)

Das Kurhaus Reichenau

Im Januar 1925 erfuhr der Vorstand des WLV e.V. durch sein Mitglied Neipp, dass das Kurhaus Reichenau noch erworben werden könnte. Die Besichtigung erfolgte am 1. Februar 1925 und am 12. Februar 1925 wurde der Kaufvertrag unterschrieben. Die Eintragung des Grundstückes erfolgte beim Grundbuchamt der Gemeinde Reichenau am 18.3.1925. Durch eine Umlage (10 % des Monatseinkommens), an der sich 70% der Mitglieder des WLVe.V. beteiligten, konnte der Besitz bar bezahlt werden. Die Einnahmen aus der Umlage ermöglichten es zudem den Ost- und Westflügel anzubauen. Außerdem wurde die damals noch offene Terrasse durch eine große Markise überdacht. Zu Ehren des am 13. Februar 1923 während einer Rede im Landtag verstorbenen Vorsitzenden des Württembergischen Lehrervereins, Johann Löchner (Wer war Johann Löchner?) wurde das Haus in „Löchnerhaus“ umbenannt.

Ansicht des Löchnerhauses (damals "Kurhaus Reichenau" um 1910)

Mit 60 Fremdenzimmern verfügte das Strandhotel nunmehr über 100 Betten. Durch Zukauf vergrößerte der Verein in den nächsten acht Jahren seinen Grundbesitz. Diesen damals geprägten, sich der einmaligen Landschaft anpassenden Charakter hat das Haus über die Zeiten bis heute bewahrt. Schwierige Zeiten kündigten sich mit der Machtübernahme der Nazis im Januar 1933 an. Der Verein wurde liquidiert, doch wurde die Liquidation des Vereins von den bestellten Liquidatoren beim Registergericht – aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen – nicht durchgeführt. Das sollte sich nach 1945 als ein Glücksfall für die Lehrerschaft Württembergs erweisen. Am 23. Oktober 1935 wurde im Grundbuch zunächst die NS-Erzieherhilfe, am 20. September 1939 auf Grund des Reichsgesetzes vom 27. Mai 1937 der NS-Lehrerbund in Bayreuth als Eigentümer eingetragen. Von 1941 bis 1942 wurden im Löchnerhaus Lehrerbildungskurse der Lehrerbildungsanstalt Straßburg durchgeführt. Zum kommissarischen Leiter wurde Oberstudiendirektor Dr. Kurt Krauth ernannt.

Nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 wurde das Anwesen von der französischen Besatzungsmacht als vermeintliches NS-Vermögen beschlagnahmt.

Im Generallandesarchiv Karlsruhe findet sich ein Erlass des Ministers für Kultus und Unterricht vom vom 25. November 1941, in dem es u.a. heißt:

«Einberufung zur Lehrerbildungsanstalt Straßburg, z. Zt. Strandhotel Reichenau (Bodensee) Die … zur Lehrerbildung zugelassenen elsässischen Schüler werden hiermit zu den am Montag den 3. November 1941 beginnenden  5 jährigen und 
3 jährigen Lehrgängen zur Lehrerbildung einberufen. Die Lehrerbildungsanstalt Straßburg wird voraussichtlich bis Weihnachten im Strandhotel Reichenau auf der Insel Reichenau im Bodensee untergebracht.»

In einem Schreiben des kommissarischen Leiters Krauth vom 9.11.1941 an dass Ministerium für Kultus und Unterricht Karlsruhe heißt es:

«Das Lager Strandhotel Reichenau wurde anordnungsgemäß am 3. November 1941 eröffnet. Die Jungmannen trafen infolge Einschränkung des Personenzugverkehrs verspätet ein.»

Volker Mall, der Leiter der KZ-Gedenkstätte Hailfingen-Tailfingen schreibt hierzu:

«Auf Befehl der französischen Armee hatten am 17.5.1945 fast alle Bewohner der Reichenau ihre Häuser verlassen müssen. Auf der Reichenau und der Mainau (und in Konstanz) sollten sich französische KZ-Häftlinge aus Dachau und Allach vor ihrer Rückkehr nach Frankreich erholen bzw. gesund gepflegt werden. Am 18.5.1945 traf der erste Transport aus Dachau ein. Insgesamt waren es 4000 Häftlinge, von denen 2500 nach Ablauf der Quarantäne über die Schweiz nach Frankreich gebracht wurden. Für typhuskranke Häftlinge war eine Isolierstation eingerichtet worden.»

Yves Eyot der aus dem KZ-Außenlager Allach auf die Reichenau kam, schrieb am 26. Mai 1945 u.a. nach Hause:

«Einer meiner ersten Spaziergänge führte mich zum See hinunter, an dessen Ufer sich das Hotel befand, das uns unsere Mahlzeiten gegen Gutschein servierte, die wir ausgeteilt bekamen: Das Strandhotel Löchnerhaus…Manche Häftlinge zogen es vor, statt in das ´Löchnerhaus´ oder in ein anderes Restaurant zu gehen, in den Häusern der Reichenauer selber Essen … zuzubereiten.» 

Briefumschlag von Tante Lilly

(Quelle: Hrsg. Förderkreis Heimatmuseum: Wessenberg-Schule Konstanz, Die Reichenau im Sommer 1945, Erholung für KZ-Häftlinge aus Dachau, Konstanz 1994. S.55 und 57 f. und: Liste der Personen, die auf der Insel bleiben durften: „Strandhotel Direktor ohne Familie mit 20 Angestellten“ ebda S. 20.) 

Zwei der Häftlinge, die hier im KZ Außenlager Hailfingen/Tailfingen waren, kamen auf die Reichenau. Ich bin bei meinen Recherchen auf den Lehrer gestoßen, der mit seinen Schülerinnen geforscht und das o.g. Büchlein gemacht hat: Dr. Arnulf Moser.“ Hier findet man noch das Schreiben einer aus dem KZ Mauthausen befreiten Holländerin, die zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit ins Strandhotel Reichenau gebracht worden war: Schreiben aus dem Strandhotel: an Tante Tilly 

General Jean de Lattre de Tassigny mit Mannen vor dem Eingang des Löchnerhauses am 26. Mai 1945
Französische Armeeangehörige vor dem Löchnerhaus, fotografiert vom Eingang aus Richtung See

Am 2. November 1949 bestellte das Amtsgericht Stuttgart auf Initiative weniger alter Mitglieder des WLV e.V. den damaligen Vorsitzenden des Württembergischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes e.V., Martin Widmann, den letzten Schriftführer des WLV e.V. vor 1933, und Walter Fäustle zu neuen Liquidatoren des Vereins. Nach Zustimmung aller ehemaliger, noch erreichbarer Mitglieder konnte der WLV e.V. seine Tätigkeit wieder aufnehmen und beantragte nach umfangreichen Vorarbeiten am 25. Mai 1951 beim Badischen Finanzministerium in Freiburg auf Grund des sogenannten Heimfallgesetzes vom 21. Juni 1949 die Rückgabe des Strandhotels, die dann gemäß Beschluss der vorläufigen Regierung des Landes Baden-Württemberg am 13. April 1953 (Staatsanzeiger Nr.39/53) erfolgte. Das Grundbuchamt Reichenau teilte am 15. Juli 1953 die im Wege der Grundbuchberichtigung erfolgte Überschreibung auf den WLV e.V. mit. Schon drei Jahre vor der Grundbuchberichtigung ging das Haus in die Verwaltung des WLV e.V. auf Mietbasis über. Am 13. Mai 1950 erfolgte um 11 Uhr die Eröffnungsfeier im Löchnerhaus. Die Familie Bleckert, die schon seit 1932 das Hotel für den WLV e.V. betreute, führte den Hotelbetrieb weiter.

Die volle Übernahme des Hauses verlangte auch vom WLV e.V. große finanzielle Opfer. Es musste nicht nur die auf dem Haus lastende Hypothek von 22.000 DM sofort zurückgezahlt werden, es mussten auch erhebliche finanzielle Mittel für Erneuerungs- und Restaurationsarbeiten aufgebracht werden. Viele tausend „Bausteine“ (zu je 10 DM) wurden von den Mitgliedern gezeichnet. Mit den nun zur Verfügung gestellten Mitteln konnten die Modernisierung des Mittelbaus und andere Arbeiten durchgeführt werden. 1966 konnte durch die Aufnahme eines größeren Darlehens das Personalwohngebäude und die Fahrstuhlanlage gebaut werden. Mitte der 70er Jahre zeigte sich, die Leitung des Hauses lag schon seit 15. März 1954 in den Händen des allseits geschätzten Direktorehepaares Leissner, dass das Haus stufenweise modernisiert werden musste, um dem jeweils notwendigen Standard zu entsprechen.

Mit dem Architekten Janasik wurde ein Fachmann gefunden, der die Vorstellungen von der Gestaltung des Hauses ideenreich umsetzen konnte. Mit der Inbetriebnahme des neuen Küchentraktes und des umgestalteten Eingangsbereichs 1986/87 war das ganze Haus von Grund auf saniert. Große Verdienste beim Erhalt und Ausbau des Löchnerhauses haben hierbei der früh verstorbene damalige Vorsitzende des GEW-Bezirks Nordwürttemberg, Kollege Siegfried Michel und der ebenfalls verstorbene Schatzmeister Siegfried Stegmaier erworben.

Karl Gruber, Siegfried Michel und Paul Frankenhauser (1978 im Löchnerhaus)
Hans Wesch, Karl Waldenspuhl, Herr Leissner, Siegfried Michel und Otto Schneider bei einer Sitzung im Löchnerhaus)

Zwischen 1987 und heute wurde das Haus wiederholt renoviert, der Eingangsbereich umgestaltet, Flure und Zimmer modernisiert und sämtlich mit Dusche/Bad, WC, Selbstwahltelefon, TV und Minibar ausgestattet. Die im Oktober 2002 begonnene Renovierung mit Neumöblierung der Zimmer und Erneuerung der Außenfassade wurde im Jahr 2003  abgeschlossen. Dank seiner ruhigen Lage in einer der schönsten Landschaften Deutschlands und seiner Einrichtungen eignet sich das Haus hervorragend für die Durchführung von Tagungen, Seminaren, Schulungen und Workshops. In den Monaten Oktober und März/April bietet das für seine internationale Küche weit über die Region hinaus bekannte Haus Sonderkonditionen für solche Veranstaltungen.

Martin und Maren Baumgärtel
Martin und Maren Baumgärtel

Am 25. Oktober 2009 verabschiedete sich Familie Rühmann nach 20 Jahren erfolgreichen Wirkens im renommierten Strandhotel Löchnerhaus und ging in den wohlverdienten Ruhestand. Der Neffe von Herrn Rühmann, Martin Baumgärtel und seine Ehefrau Maren führten das Haus in bewährter Tradition weiter und eröffneten es Anfang März 2010  wieder mit neu gestaltetem Foyer, teilweise neu renovierten Zimmern und erweiterten Tagungsräumen. 

Am 25.Oktober 2021 wurden Maren und Martin Baumgärtel im Rahmen einer kleinen Dankesfeier offiziell verabschiedet. Sie beenden zum Jahresende 2021 ihre 12-jährige erfolgreiche Tätigkeit im Strandhotel Löchnerhaus und wenden sich neuen Aufgaben zu. Frau Julia Röpke steht Ihnen gern bei allen Fragen mit Rat und Tat zur Seite.

In den Wintermonaten 2012/2013 wurden weitere Renovierungsarbeiten vorgenommen, vor allem die Bäder der Zimmer im 2. Stock wurden neu und hell gestaltet. Die Küche wurde im Winter 2014/2015 vollkommen renoviert.  Die große Terrasse wurde im Jahr 2017 auf Eingangsniveau angehoben und mit einer wetterfesten Markise versehen. Gleichzeitig wurde ein barrierefreier Zugang geschaffen und die Gartenalage vor dem Haus neu gestaltet. Für das Personal ist der mühsame Gang treppauf-treppab wegfallen, aber insbesondere die Hotelgäste genießen den freien Blick auf den See und das gegenüberliegende Schweizer Ufer und das geschützte Sitzen und Speisen im Freien. Den  Hotelgäste steht ein Badehaus mit Umkleide- und Duschmöglichkeiten zur Verfügung und die große Liegewiese bietet viel Platz in der Sonne und im Schatten, so dass dem Badevergnügen nichts im Wege steht!

Ansicht des Strandhotels mit neu gestalteter Terrasse und freiem Blick auf See und schweizer Ufer.
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